No3 Ein Elch zum Knutschen

Es war einmal ein Elch namens Knut. Der wollte unbedingt zu den Rentieren des Heiligen Nikolaus gehören und dessen Schlitten ziehen. Fleißig trainierte er jeden Tag im Wald. Er zog eifrig zuerst kleine, dann immer größere Äste aus dem verschneiten Dickicht, um stark und kräftig zu werden. Traurig beobachtete ihn heimlich und leise seine Mutter dabei. Sie fragte sich, wann die Zeit reif sein würde und sie ihm offenbaren musste, dass er wohl niemals zu den Schlitten-Rentieren des Nikolaus gehören konnte. Denn schließlich war Knut ein Elch und kein Rentier; außerdem hatte er Angst vor den Menschen. Und so konnte er nicht mit dem Nikolaus zu den Menschen fahren und dort die Geschenke abliefern.

Als er eines Tages wieder eifrig trainierte, ging seine Mutter zu Knut. Sie teilte ihm mit, dass er nur den Schlitten des Nikolaus ziehen dürfe, wenn er so mutig wie die Rentiere werden würde und seine Scheu vor den Menschen verlöre. Am nächsten Tag, als die aufgehende Sonne durch die Waldlichtung blinzelte, fasste sich der kleine Knut ein Herz und zog gleich nach dem Aufstehen los in die nächste Stadt. Im Herzen der Stadt tummelten sich die Menschen auf kleinstem Raum, denn es war gerade Markt. Sie standen in Schlangen vor Tomaten-, Gurken- und Salatbergen, die aus den hölzernen Körben quollen. Eine Duftwolke von gebrannten Mandeln waberte in die großen Nüstern des kleinen Knut – und laut war es hier! Das große Stimmengewirr der Marktleute und ihrer Kunden verwirrte den kleinen Elch. So etwas hatte er noch nie gesehen, geschmeckt und gehört.

Knut war fasziniert. Doch bei der Vorstellung, dass er gleich in die Menschentraube eintauchen würde, um seine Angst vor den Leuten zu verlieren, zog sich sein Magen augenblicklich zusammen. Er wich zwei Schritte zurück und rempelte sogleich ein Auto an. Kalt war das Blech am Hintern, igittigitt! Doch dann spürte er eine warme Hand auf dem Rücken. Er drehte sich um und blickte in die strahlenden Augen eines kleinen Mädchens.

„Hallo, mein Kleiner, ich bin die Heidi und wie heißt Du?“, fragte sie und legte ihren Kopf lächelnd zur Seite. Dabei schwangen ihre großen, blonden Locken nach links. Dem kleinen Elch wurde es gleich warm ums Herz. „Knut heiße ich“, sprudelte es nur so aus ihm heraus und schon entwickelte sich ein munteres Gespräch zwischen den beiden. Der mutige, kleine Elch erzählte von dem Training, das er sich auferlegt hatte und von der Angst, die ihn beim Anblick der Menschen stets beschlichen hatte. Heidi antwortete lächelnd: „Mein Vater sagt immer: Angst und Geld kennen wir nur aus der Zeitung“. Da musste auch Knut herzhaft lachen. „Übrigens“, fuhr Heidi fort, „hast Du Deine Prüfung doch schon bestanden. Schließlich bin ich ein Mensch, wenn auch nur ein kleiner!“

„Stimmt“, dachte sich Knut: „Ich hab´s ja schon geschafft. Was für ein Kinderspiel!“ Die Sonne tauchte bereits am Horizont unter. „Es ist schon spät, ich muss nach Hause“, erklärte Heidi liebevoll. Knut antwortete: „Verstehe ich; vielen Dank, Du hast mir sehr geholfen“. Das blonde Mädchen umarmte den kleinen-Elch noch einmal herzlich und knutschte ihn. Lächelnd bemerkte sie: „Deswegen heißt Du Knut, weil man Dich einfach knutschen muss!“ – ein fröhliches Lied auf den Lippen machte sie sich auf den Heimweg. Und auch Knut ging zurück in den Wald. Nie zuvor war er so stolz auf sich gewesen. Das ließ ihn tatsächlich wachsen. Mit nun hoch gestrecktem Kopf schritt er den verschneiten Waldweg entlang. Er war sich sicher, wenn er jetzt dem Nikolaus begegnen würde, könnte dieser nicht widerstehen und würde ihn ins Team der Schlitten ziehenden Rentiere aufnehmen.

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Und tatsächlich, als er die schwere Holztüre der heimischen Hütte aufdrückte, stand da schon seine Mutter mit einem Brief in der Hand. Tränen kullerten ihr über die Wangen. Die Engel im Himmel hatten natürlich alles beobachtet und sofort dem Nikolaus die Geschichte erzählt. Dieser schrieb sogleich einen Brief an Knut. In diesem gratulierte er dem kleinen Elch zu seiner bestandenen Prüfung und berief ihn wahrhaftig ins Ausbildungscamp der Rentiere. Knut sprang, außer sich vor Freude, auf den Holzdielen herum. Endlich war er am Ziel – wer hätte das gedacht! Knut wusste nun: Wer mutig seine Angst überwindet, dem stehen doch alle Türen offen, um seine Träume zu verwirklichen.

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