No4 Die erste Nicht Geburtstagsfeier

Es ist eine ausgelassene Feier im Kakadu- National-Park. Die rotglühende Abendsonne versinkt am Horizont und malt lange Schatten der mächtigen Gummibäume in den goldgelben Sand. Tief brummen Didgeridoos durch die langsam kühler werdende Luft. Die pulsierenden Klänge der knorrigen Blasinstrumente der Aboriginies, der Ureinwohner Australiens, zeichnen den akustischen Rahmen für diesen Freudentanz. Immer wieder tritt ein Tänzer in den Kreis aus Eingeborenen, die allesamt nur ein Tuch knapp um ihre Lenden gebunden haben und eines als Stirnband tragen. Die Füße kraftvoll in den noch heißen Wüstensand stampfend, wirbelt der Tänzer eine staubige Wolke auf, die seine Beine ganz weiß einpudert.

Es ist die Feier von Namarggon. Der kleine, 11-jährige Junge, nach dem „Blitzmann“ benannt, hat alle Mitglieder seines Stammes eingeladen. Er feiert nicht seinen Geburtstag, sondern eher das Gegenteil: so etwas wie seinen Nicht-Geburtstag. Denn hier in „down under“, von Europa aus am anderen Ende der Welt, feiern die Ureinwohner auch heute noch nicht, wenn sie ein Jahr älter geworden sind. Die Anzahl an Jahren sei kein persönlicher Verdienst, hat man mir erklärt. Älter werde man schließlich von alleine. Nein, die Aboriginies feiern immer dann, wenn sie einen bedeutenden persönlichen Fortschritt, also eine Weiterentwicklung gemacht haben. Wenn einer aus dem Stamm der Meinung ist, einen bedeutenden Schritt nach vorne erzielt zu haben, lädt er also zu einem Fest ein. Namarggon war der festen Überzeugung, dass dies für ihn nun zutraf. Sein Vater, Ootta, einer der besten Jäger des Stammes der Amurdak, hatte ihn letzte Woche zum ersten Mal mit auf die Jagd genommen. Leise hatten sie sich im Schutze der ausgedörrten Büsche an die Schlange angepirscht. Namarggon wusste, dass jede falsche Bewegung jetzt tödlich sein konnte. Ehe er sich versah, holte sein Vater lautlos aus und warf den bunt bemalten Bumerang mit voller Wucht nach dem mächtigen Tier. Ein kurzes Pfeifen unterbrach die Stille, als die Waffe die Luft durchschnitt. Darauf folgte ein dumpfer Schlag. Sein Vater erlegte die Schlange mit einem Wurf.

So einfach hatte sich das Namarggon nicht vorgestellt. Natürlich belauschte er die Stammes- Ältesten oft heimlich, wenn sie vor dem lodernden Lagerfeuer ihre Jagdgeschichten austauschten. Oft hatte er sich im Schutz der Nacht an die Feuerstelle herangepirscht, bis er die Hitze der Flammen auf seiner Haut spüren und die Worte der Alten hören konnte. Doch da klang alles viel abenteuerlicher. Nun wusste er es besser. Mit vor Stolz geschwellter Brust durfte er die Schlange, die sein Vater so treffsicher erlegt hatte, durch den roterdigen Buschwald zum Stamm tragen. Dort wurde sie von den Frauen sorgfältig für das große Grillen zubereitet. Hier an der fruchtbaren Küste der Arafura-See bereitete die intakte Natur den Outback-Nomaden einen reichhaltigen Gabenteller.

Heute nun, nach einer Woche intensiven Übens, hatte Namarggon die erste Lektion im Umgang mit dem Bumerang gelernt. Dieser kam, egal wie weit, egal in welche Richtung er ihn warf, immer wieder punktgenau zu ihm zurück. Sein Vater Ootta hatte ihm diese Erkenntnis als erste Prüfung auferlegt, bevor er selbst jagen durfte. So sollte sein Stammhalter nicht nur den sicheren Umgang mit dem Jagdinstrument, sondern auch das Gesetz von Ursache und Wirkung erlernen. Denn aus tiefer Überzeugung wusste Ootta, dass alles, was der Mensch aussendet, wieder genau so zu ihm zurückkommt. Egal, ob positiv oder negativ. So suchen die Aboriginies auch nie nach einem Verantwortlichen für ihre momentane Situation. Sie haben ihn doch längst gefunden: sich selbst! Namarggon hatte es verstanden. So durfte er sich seine Nicht-Geburtstagsfeier wünschen und er bekam sie heute. Bis die Sonne den Mond hinter den Horizont schob und durch die Äste der Gummibäume blinzelte, tanzten und sangen die Männer des Stammes ausgelassen. Für Namarggon war es die schönste Feier seines jungen Lebens.

Als der tiefblaue Sternenhimmel sich wieder wie ein traumhaftes Zelt über die Steppe spannte, überreichte Ootta seinem Sohn einen Bumerang. Dabei blickte er ihm tief in seine vor Freude funkelnden Augen: „Wir Menschen haben das Netz des Lebens nicht gewebt, wir sind nur ein Strang dieses Netzes. Was immer wir dem Netz antun, tun wir uns selbst an.“ Mit diesen Worten mahnte Ootta seinen Sohn Namarggon zum sorgfältigen Umgang mit seinem ersten Bumerang. Denn die Aboriginies jagen immer nur so viel, wie sie tatsächlich im Moment zum Leben benötigen.

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Heute nun, nach einer Woche intensiven Übens, hatte Namarggon die erste Lektion im Umgang mit dem Bumerang gelernt. Dieser kam, egal wie weit, egal in welche Richtung er ihn warf, immer wieder punktgenau zu ihm zurück. Sein Vater Ootta hatte ihm diese Erkenntnis als erste Prüfung auferlegt, bevor er selbst jagen durfte. So sollte sein Stammhalter nicht nur den sicheren Umgang mit dem Jagdinstrument, sondern auch das Gesetz von Ursache und Wirkung erlernen. Denn aus tiefer Überzeugung wusste Ootta, dass alles, was der Mensch aussendet, wieder genau so zu ihm zurückkommt. Egal, ob positiv oder negativ. So suchen die Aboriginies auch nie nach einem Verantwortlichen für ihre momentane Situation. Sie haben ihn doch längst gefunden: sich selbst! Namarggon hatte es verstanden. So durfte er sich seine Nicht-Geburtstagsfeier wünschen und er bekam sie heute. Bis die Sonne den Mond hinter den Horizont schob und durch die Äste der Gummibäume blinzelte, tanzten und sangen die Männer des Stammes ausgelassen. Für Namarggon war es die schönste Feier seines jungen Lebens.

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